Geschichten & Gespräche mit internationalen
Künstlern und Künstlerinnen
01.01.2011

Boy George

"Boy George spricht über alles" - hieß es vor unserem Treffen.

Wir treffen uns am Flughafen in München, er kommt gerade aus Rom, wo er am Tag vorher bei einer VIP-Party Musik aufgelegt hat. Boy George sieht umwerfend aus: er ist perfekt geschminkt, sein Hut sorgt für Aufsehen. "Denk' bloß nicht, dass ich immer so aussehe! Das ist harte Arbeit!" sagt er lächelnd bei der Begrüßung.

Boy George geht es sichtlich gut. Seit zwei Jahren ist er absolut clean und verfolgt sein Ziel: "Als Kind wollte ich erwachsen sein und jetzt, je älter ich werde, umso glücklicher bin ich" sagt er.

Auf der Couch liegt seine "Bibel": "The Power of now" von Eckart Tolle. Das ist ein Buch über das Leben und Glück im Jetzt, das seit einiger Zeit unter den englischen Musikern angesagt ist. Die Botschaft ist: "verbringe nicht deine Zeit, in dem du pausenlos deine Zukunft planst und bereue nicht ständig die Vergangenheit".

Die Stimme von Boy George ist warm und freundlich, Kim Wilde hatte recht, als sie mir, einen Tag bevor ich Boy George traf, sagte: "Mach dir keine Sorgen, Boy George ist wie ein Teddy!" Boy George erklärt, wie sehr ihn unwichtige Dinge beschäftigt haben und er das Wesentliche nicht beachtet hat.

Gerade erleben wir, wie seine Karriere einen neuen Schub bekommt: Mark Ronson, einer der angesagtesten Produzenten, wollte ihn unbedingt für den Song "Somebody to love me" haben, im Februar kommt sein Soloalbum und anlässlich des 30-jährigen Bandjubiläums wird es eine Culture Club Reunion geben mit neuem Album natürlich. Boy George meint, dass er emotional erwachsener geworden sei und man mit ihm prima auskommen könne. Aber zuerst die ganz wichtige Meldung: Boy George gastiert in diesem Jahr bei "Night Of The Proms". Vier Songs wird er im Konzert mit dem Orchester Il Novecento singen. Wie kam es dazu? Eigentlich wollte er schon vor zwei Jahren dabei sein, dann musste er aber ins Gefängnis, wegen der dummen Sache von damals.

Boy George lebt nicht von der Vergangenheit, er ist als DJ sehr gefragt und kennt sich mit der aktuellen Musik bestens aus. Hurts gefallen ihm besonders gut, er hat sie gerade live gesehen und Theo singt wie Scott Walker, meint Boy George. "Theo sieht süß aus", sagt er und lacht. "Wie der junge Gavin Rossdale", sage ich. "Better..." sagt er und schließt genüsslich die Augen.

Boy George hat gelernt, Gefühle zu zeigen und darum geht es ihm bei den live Auftritten. Diese Lektion hat er gelernt, als "Do you really want to hurt me" als Single veröffentlich werden sollte. Er hat zuerst ganz aufgeregt "Nein! Nein!" gesagt - den kamen Zweifel auf: es ist ein sehr persönlicher Song und was sollten die Leute denken? Mit der Zeit hat er verstanden, dass, je persönlicher ein Song ist, je mehr er als Künstler zeigt, wie verwundbar er ist, umso mehr berührt er Menschen.

Er hatte in seinem Leben viele Höhen und Tiefen, zurzeit geht es ihm sehr gut, er ist gesund und er ist sehr beschäftigt. Und dann lacht er wieder so, wie nur er lachen kann: gerade hat er ein Foto von Cliff Richard in der Badehose gesehen. Sir Cliff sah sehr knackig aus....

PS: Wenn es einen Song gibt, den er gerne selbst geschrieben hätte, dann ist das "Always in my mind", der Willie Nelson berühmt gemacht hat, "Hejira" von Joni Mitchell ist sein Lieblingssong aller Zeiten. Und auf die Frage, ob er sie getroffen hat, lacht er wissend: "Joni Mitchell is an amazing woman, she's nothing like you think..."

Night Of The Proms




© 2024 Lidia Antonini