Geschichten & Gespräche mit internationalen
Künstlern und Künstlerinnen
09.04.2010

James Morrison

29. Juni 2006

Berlin "Freischwimmer".

Etwa 20 Journalisten und Medienpartner haben eine Einladung bekommen, James Morrison kennen zu lernen. Er soll der kommende Stern am Musikhimmel sein.

Als ich im "Freischwimmer" ankam, saß er auf einem Floß, und grinste breit. James hat an diesem Abend viel geredet, ich dachte, er ist heiser und wird gar nicht singen können.... aber dann ging es doch. Und wie! Die Begleitung: ein Keyboard und seine Gitarre.

So viel Gefühl in der Musik spürt man selten. In meinen Kopf sah ich Gesichter von Otis Redding, Sam Cooke, Terence Trent D'Arby, Grayson Hugh.... alle diese Stimmen vereint in einer, in der von James Morrison und dennoch klingt die Stimme von James ganz anders... Einzigartig.

James sagte, er würde gerne nach Frankfurt kommen.

Ein Freund sagte zu mir: "Du musst unbedingt seine Lebensgeschichte lesen, da wird es dir ganz anders..." James ist erst 21 Jahre alt. Unglaublich. Noch in der Nacht habe ich über sein Leben gelesen.

Ein paar Tage später kam "You give me something". Die Stimme auf der CD klang wie in Berlin. Er war damals also nicht heiser und er hat auch nicht zu viel geraucht - er klingt immer so!

Und nun, nur sechs Wochen danach, kam James zu hr3. In der Woche, in der in England 300.000 Exemplare seines Albums "Undiscovered" verkauft wurden. Sein Entdecker, Spencer Wells, war auch dabei. Küßchen zur Begrüßung. Was möchte James zuerst machen? Singen! So höre ich wieder "You give me something" im hr3 Studio. Alles klingt noch intensiver. Noch gefühlvoller.

Im Interview bestätigt James: Seine Kindheit war nicht einfach. Sein Vater verließ früh die Familie, seine Mutter hat immer gearbeitet und sie ist eine von diesen Frauen, die schwer zufrieden zu stellen sind. Umzüge standen an der Tagesordnung. James und seine Geschwister mussten sehr früh erwachsen werden.

"I was born and raised to be my own man", singt er, denn, so wurde er erzogen. "I was sure I was never gonna needed a helping hand", singt er weiter. Niemand hat ihm geholfen, aber er hat sich durchgeschlagen, und er hat versucht nur Positives im Leben zu sehen.

In seiner Kindheit war er umgeben von guter Musik. In den Plattensammlungen seiner Eltern gab es ein breites Angebot. Von Otis Redding, Marvin Gaye, Cat Stevens, Van Morrison... alles war vorhanden. Und es waren fast nur Leute, die ihre Songs auch selbst geschrieben haben. Musik als Rettung und Flucht vom grauen Alltag. Musik als Ersatz für menschliche Wärme und Trost für alle Enttäuschungen.

Wie hat sich James für die Soul Musik entschieden?

Er sieht sich gar nicht so sehr als Soul Sänger. James ist davon überzeugt, dass er in der Lage ist, mit seinen Songs und durch seine Stimme Gefühle zu transportieren. "Soulful" nennt man das.

Wenn dies sein Ziel war, dann hat er es geschafft: Selten gab es ein Album, auf dem alle Titel so gut sind.

"The pieces don't fit anymore" - wurde für Gil geschrieben, das Mädchen, mit dem er wieder zusammen ist. "This boy" ist für seine Mutter, "Undiscovered" für einen Freund, der häufiger kriminell gehandelt hat und Glück hatte, dass er nicht entdeckt wurde. "You give me somethng" sollte ein realistischer Liebessong werden. James versteht nicht, warum Männer Blumen kaufen um einer Frau zu sagen, dass sie sie lieben. Er wird jedenfalls für diesen Zweck nie Blumen kaufen.

Das Angebot aus Hollywood, Schauspieler zu werden, hat er nie ernst genommen. "Ich bin Musiker und kein Schauspieler".

Der Musik ist er spätestens im Alter von 13 Jahren verfallen, als ihm sein Onkel ein paar Griffe auf der Gitarre gezeigt hat. Innerhalb einer Woche hat James gelernt Gitarre zu spielen. Und zwar ohne auf die Gitarrensaiten zu gucken! "I was addicted from that moment on". Und dann hörte James ununterbrochen Radio und begleitete alles was er dort hörte auf der Gitarre. Von jedem lernte er ein bißchen dazu und nahm für sich nur das Beste.

Wie hat er Geld verdient? Zum Beispiel in der Autowaschstraße. Da hat er allerdings ein paar Autos "zerdeppert", weswegen er kurz darauf wieder auf der Straße stand.

Am 9. Januar geschah es dann: Ein Freund von James gab Spencer Wells, damals A&R bei einer Plattenfirma, eine CD mit zwei Songs von James.

Spencer war hin und weg. Heute ist Spencer der Manager von James und unglaublich stolz auf ihn. "Alles soll sich langsam entwickeln. James ist erst 21, wir haben Zeit." James ist natürlich, nett und ein guter Gesprächspartner.

Ich drücke ihm all meine Daumen, dass der Erfolg anhält. James lächelt wieder unwiderstehlich.

Und dann sagt er: "Ich wollte nie jemanden kopieren. Ich wollte etwas machen, was es so noch nicht gab."

Es ist ihm gelungen.

James Morrison




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