Geschichten & Gespräche mit internationalen
Künstlern und Künstlerinnen
10.04.2010

Mika

Im "Meistersaal" in der Köthener Straße in Berlin wurde schon oft Musikgeschichte geschrieben. Und das seit das Haus 1913 gebaut wurde. Wegen der hervorragenden Akustik wurde er seit Mitte der 60iger Jahre auch als Aufnahmestudio benutzt. Zum Beispiel haben U2 im Meistersaal ihr Erfolgsalbum "Achtung Baby" aufgenommen.

Und am 7.Februar gab es im Meistersaal ein kleines Konzert bei dem sich der neue britische Superstar Mika vorgestellt hat.

Vor dem Showcase habe ich Mika zum Interview getroffen.

Mika erzählt im Telegrammstil: Er ist 23 Jahre alt, geboren in Beirut, als Kleinkind umgezogen nach Paris, seit seinem 9. Lebensjahr ist London seine Heimat. Als ihn seine Schulkameraden wegen seines Aussehens und seines französischen Akzents gehänselt haben, hat er aufgehört zu reden und er wurde auch noch Legastheniker.

Dennoch hat er die klassische Musikausbildung bei einer toughen russischen Musiklehrerin brillant geschafft. Er spielt großartig Klavier und mit seiner Stimme erreicht er spielend Höhen, von denen man nur träumen kann. Mikas Album "Life In Cartoon Motion" begeistert in diesen Tagen gleichermaßen Kritiker und Publikum. Bei uns erscheint das Album am 23. März.

Mika ist ein absolut sympatischer Freak. Sein Album "Life In Cartoon Motion" repräsentiert Mika so wie er ist: als Cartoon Fan, als Musikverrückten, der keine Kompromisse eingeht und als den selbstbewussten jungen Mann, der genau weiss was er will. Oh, ja, es gab vor zwei Jahren eine Plattenfirma, die Interesse an einem Vertrag mit ihm hatte. Aber Mika sollte zunächst ein kommerzielles Album machen um allen zu gefallen. Er sollte ein bißchen wie Craig David klingen, danach könne er machen was er will. "Das war die Stimme des Teufels, die zu mir gesprochen hat", sagt Mika. Danach war er frustriert und wütend. Er ging nach Hause und schrieb den Song "Grace Kelly". Darin fragt er:

"Warum magst du mich nicht, warum magst du nicht das was ich mache...? Ich versuche jetzt Grace Kelly zu sein, würde dir das gefallen?"

Jene Plattenfirma, an die das Lied gerichtet war, hat sich bei ihm nie wieder gemeldet.

Mika blieb zwar zwei weitere Jahre lang ohne Vertrag, aber er ist froh, dass er sein Ding durchgezogen hat.

So ist der Song "Grace Kelly" eine Art Rache-Song geworden. Und ein Riesen-Hit.

Auf der Bühne ist Mika sehr gut, man hört was ihm seine russische Gesangslehrerin beigebracht hat: Mika kann mit seiner Stimme machen was er will. Optisch hat er ein Markenzeichen: Es sind die Hosenträger, die er meistens runter gelassen trägt. Wenn er nicht gerade am Klavier sitzt, spielt er mit ihnen: Mal zieht er sie hoch, mal weit. Schöne Musik macht er, er schreibt alle Melodien und Texte selbst. Zur Musik kam er spät, sagt er. Manche wichtige Alben hat er sehr spät gehört. Das "White Album"von den Beatles z.B. hat er erst mit 17 gehört. Aber vielleicht war es gut so. Wer weiss, wie seine Musik heute klingen würde, wenn er das Album früher entdeckt hätte.

Die Vergleiche mit Freddie Mercury hört er sich an, aber er macht sich nichts daraus. Er weiss, dass Menschen immer vergleichen müssen.

Ist er der neue Robbie Williams? Nein. Zwar ist auf dem Album ein Titel, der von Robbie sein könnte, "My Interpretation", aber es gibt keine Parallelen und musikalische Ähnlichkeiten mit Robbie.

Typisch für England ist es, dass es fast jeder Woche eine neue musikalische Sensation gibt. Mal ist das Lily Allen, dann sind es die Kooks, jetzt ist es Mika. Das bedeutet natürlich auch einen Druck für den jungen Künstler, der sich erst in der großen Welt, in der jeder etwas von ihm will, orientieren muss.

Wo sieht sich Mika Ende 2007?

Er hofft, dass er seine Musik mehr Menschen vorstellen kann. Und eventuelle Veränderungen kann er sich nur in musikalischer Hinsicht vorstellen. Nicht als Person.

Robbie Williams




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