Geschichten & Gespräche mit internationalen
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07.09.2010

Milow

In diesen Sommer wollte er ursprünglich auf eine Weltreis gehen. So hatte es Milow letztes Jahr geplant. Dass er in diesem Sommer erfolgreich werden könnte, hat er nicht eingeplant. Milow liebt es, zu reisen. Er hat schon viel von der Welt gesehen, er hat in der Umgebung von San Diego gelebt, er wollte immer weit weg fahren. Er dachte immer, Europa ist ganz nah, Europa werde ich so oder so sehen - bis er eines Tages in Kopenhagen war. Er war von der Schönheit der Stadt so überraschst, dass er mehrere Trips durch Europa unternommen hat. Milow fragt sich ob es am guten Wetter lag, dass ihm Paris oder London so gut gefallen haben.

Nun kam alles ganz anders: Milow ist ständig unterwegs. Beruflich. Sein Album "Milow" ist ein großer Erfolg in Deutschland, es hat sich fast 100.000 Mal verkauft und die Single !Ayo Technology" ist allein in Deutschland 300.000 Mal über die Ladentheke gewandert. In Schweden und in der Schweiz war die Single auch auf Platz 1 und gerade geht es in Italien steil bergauf für Milow.

Das war der zweite Besuch von Milow bei uns, wie war es dieses Mal? Es war eine andere Situation. Inzwischen ist Milow sehr erfolgreich und man spürt, dass er etwas unter Druck ist. Aber noch eine Sache hat ihn sehr beschäftigt: Auf dem Weg von Koblenz nach Stuttgart, hat sein Tourbus Feuer gefangen. Milow hat versucht, das aus den Medien zu halten, aber dann haben es die Belgier spitz gekriegt und da jetzt im Sommer nichts los ist, braucht man Schlagzeilen und da kam der berennende Bus gerade recht. Milow und seiner Band ist zum Glück, außer dem großen Schock, nichts passiert, aber der Busfahrer musste ins Krankehaus. Milow schlief gerade, als der Bus Feuer fing, jetzt überlegt er, nie wieder in einem Bus zu schlafen.

Am 14. Juli hatte Milow Geburtstag. Er ist an diesem Tag in Köln im Vorprogramm von James Morrison aufgetreten. Er wollte eine Runde schmeißen und dann direkt nach dem Auftritt verschwinden. So hätte James Morrison die Rechnung bezahlen müssen. Als ich ihn gefragt habe, was er sich zum Geburtstag wünscht, antwortete Milow:

"Geburtstage sind willkommene Entschuldigungen um Parties zu geben." Er wünscht sich, dass man öfter zusammen kommt und mit Freunden eine gute Zeit verbringt. Das Geschenk ist einfach, dass diese Freunde da sind.

In Belgien hat Milow bereits zwei Alben veröffentlicht, bei uns erst eins, das ist das Beste aus den beiden Alben sozusagen. Und in Belgien ist Milow mit dem Song "Out of my hands" erfolgreich. Die Geschichte dazu rührt zu Tränen: Milow bekommt viele Mails und vor zwei Jahren schrieb ihm eine Frau eine Mail auf die Milow unbedingt antworten wollte. Die Mail kam von einer Frau, die schrieb, dass sie eine Freundin hat, die ein riesen Milow-Fan sei, dass ihre Freundin im Krankehaus liege, in der Stadt, in der Milow lebt. Sie schrieb, dass diese Freundin Krebs habe und sie fragte Milow, ob er nicht vielleicht ins Krankehaus gehen könne und sie mit einem Lied überraschen könnte. Milow war damals sehr beschäftigt, er war aufgeregt, weil seine Karriere erst los ging und er dachte, dass er noch etwas Zeit habe zu antworten. Das tat er dann eine Woche später und er schlug vor, am nächsten Tag ins Krankenhaus zu kommen, aber dann kam die Antwort: Er sei einen Tag zu spät. Das Mädchen sei einen Tag vorher gestorben. "Out of my hands" ist ein Lied über Prioritäten im Leben und den Abschied. Milow weiß, dass er den Schicksal des Mädchens nicht hätte beeinflussen können, aber trotzdem hat er sich schlecht gefühlt. Er hat die Eltern kennengelernt, er hat sie zum Konzert eingeladen und sie wissen, dass "Out of my hands" von ihrer Tochter spricht.

Milow ist ein nachdenklicher und ein sehr emotionaler Mensch. Er weiß, dass sein Album etwas melancholisch ist, aber auf der Bühne macht Milow richtige Party. Er lacht gerne und er neigt dazu alles haargenau zu begründen. Außerdem nutzt er die Wartezeit auf den Flughäfen oder in den Studios und schreibt neue Songs oder beantwortet Mails. Er erklärt, dass es ein neues Album erst dann geben wird, wenn er davon überzeugt ist, dass das neue Album besser ist als das erste. Er erzählt mir, dass ihn viele Interviews nerven, weil man ihn immer fragt: "Hat sich 50 Cent schon gemeldet? Wann schreiben Sie Ihre eigenen Songs?" Nein, 50 Cent hat noch nicht angerufen, und wenn, wird Milow das auf seine Homepage stellen... Ja, er schreibt schon lange eigene Songs.

"Milow" wird im September in Großbritannien veröffentlicht. Wenn alles gut läuft, möchte er gerne eine Weile in London leben. Nicht nur, um herauszufinden ob ihm die Stadt nur beim guten Wetter gefällt.

James Morrison




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