Geschichten & Gespräche mit internationalen
Künstlern und Künstlerinnen
01.01.2011

Richard Marx

Wir haben uns an einem Sonntag in Berlin getroffen. Richard Marx kam gerade aus den Staaten. Zuerst die Frage nach dem Kaffee - Richard Marx ist nach eigener Aussage ein Kaffee-Junkie. Zwei seiner Söhne sind mit ihm unterwegs, auf dem Flug haben sie alle wenig geschlafen. Richard wird in den nächsten ein, zwei Tagen ordentlich Kaffee trinken müssen, um wieder in der Spur zu sein. Außerdem haben wir in Deutschland tollen Kaffee, meint er.

Richard Marx hat ein neues Album gemacht, das auf eine besondere Art und Weise seine langjährige Arbeit dokumentiert. 30 Millionen verkaufte Alben, 13 Nummer-1-Hits, zahllose Songs für andere Künstler, zahlreiche Engagements als Background-Sänger und Produzent. Jetzt hat er einige der Hits, die er für andere Künstler geschrieben hat, selbst gesungen. Er sagt: "Vieles entsprang meinen Ideen, und meine Manager haben auch einiges beigesteuert. Ich wollte Teile meiner Solo-Akustik-Show abbilden. Der Keyboarder meiner Band, Steve Hornby, kommt bei einigen Liedern dazu, aber die meisten Lieder spiele ich allein mit Gitarre und ein paar mit Klavier. Mein Managementteam wollte, dass ich einige der Lieder singe, die ich für andere im Laufe der Jahre geschrieben habe. Ich habe mich also selbst gecovert, das ist schon witzig. Aber ich liebe meine Kompositionen für Josh Groban, N'Sync, Keith Urban. Und die selbst zu singen, das hat wirklich Spaß gemacht."

Das Album heißt "Stories To Tell", und wenn jemand Geschichten erzählen kann, dann Richrad Marx. Jeder Song ist ein Kapitel für sich. Da kommen Erinnerungen zurück. Das Talent, großartige Melodien zu schreiben, hat Richard, und da ist er sich ganz sicher, von seinem Vater geerbt. Nicht nur, dass sein Vater bereits mit fünf Jahren glänzend Klavier gespielt hat. Er hat mehr als 25 Jahre erfolgreich Musik für Werbespots gemacht und diese Branche beherrscht. Man hat ihm den Werbeslogan gegeben, um den es ging - zum Beispiel der Seafood-Marke "Chicken of the Sea": "Ask any mermaid you happen to see: What's the best tuna? Chicken of the sea!" Und Richards Vater hat eine hitverdächtige 30-Sekunden-Melodie dafür geschrieben, ohne je selbst Songs geschrieben zu haben.

Und Richards Mutter konnte sich sagenhaft schön ausdrücken und so fing auch Richard an, Songs zu schreiben. Irgendwann landete eine Kassette mit seiner Musik bei Lionel Richie. "Als ich 17 war, hatte ich eine Handvoll fertiger Aufnahmen, weil ich im Studio meines Vaters mit dessen Musikern eigene Kompositionen aufnehmen durfte. Und eine der Kassetten mit ein paar dieser Aufnahmen ging von Hand zu Hand und erreichte irgendwann mal Lionel Richie. Der war grade im Begriff, sein erstes Soloalbum zu machen. Mit den "Commodores" hatte er bereits Riesenhits gemacht wie "Three Times A Lady", "Still" und einige andere, und Lionel Richie rief mich an - ich war ja noch fast ein Kind in Chicago - und er sagte: 'Ich finde es gut, was du machst, du solltest nach Los Angeles kommen.' Deswegen zog ich um. Ich dachte: 'Wenn Lionel Richie denkt, dass ich gut bin, dann bin ich unterwegs.' Und dann sagte er: 'Komm ins Studio und sing für mich diesen oder jenen Part auf meinen Songs.' So machte ich ein bisschen Geld. Nicht viel, aber das größte Geschenk, das er mir machte, war eine Einladung. Er sagte: 'Du bist hier jederzeit willkommen.' Ich fragte nochmal nach: 'Wirklich?' 'Ja', sagte Lionel, 'wirklich!' So war ich jeden Tag dort. Wenn ich nicht arbeitete, habe ich einfach nur zugeschaut. Es war wie eine Einladung zur besten Hochschule der Welt! Ich sah, wie er mit anderen Musikern umging, ich beobachtete seinen Mitproduzenten James Carmichael. Und als Lionel ein Riesensuperstar geworden war, konnte ich sehen, wie er mit der Presse umging und mit Showgrößen wie Dick Clark. Bei allem durfte ich dabei sein!"

Und so ist es Lionel Richies Verdienst, dass wir heute Richard Marx kennen und seine wunderbaren Songs wie "Right Here Waiting", "Endless Summer Nights" oder "Angelia".

Auf der anderen Seite arbeitet Richard eng mit Chad Kroeger von "Nickelback" zusammen. Chad wird nicht müde, immer wieder nach Richard Marx zu rufen, egal ob es um "Lifehouse" oder "Daughtry" geht. Chris Daughtry wollte unbedingt bei seiner Hochzeit Richards Lied "Now And Forever" singen.

Richard ist glücklich verheiratet mit Cynthia Rhodes, der Penny aus "Dirty Dancing". Die beidem haben drei Söhne, die Richard "die Marx Brothers" nennt. Über sich selbst sagt er, dass er sehr lange Zeit mit seinen Unsicherheiten zu kämpfen hatte und teilweise immer noch kämpft. Dazu zählt auch seine Stimme, die manchmal scharf wie ein Messer klingt.

Als wir uns kennengelernt haben, wollte Richard Europa bereisen und die Kunst genießen. Beim Interview merken wir, dass wir vor einem großartigen Gemälde sitzen. Richard ist begeistert - auch von der Tatsache, dass er die Kirchen und Klöster in Bulgarien sehen kann. Irgendwann wird Richard Marx zu uns kommen und weiter über seine wunderbaren Songs erzählen - und es gibt noch so viel zu sagen, z.B. über seine Zusammenarbeit mit Ringo Starr, Justin Timberlake, Madonna, Whitney Houston, Barbra Straisand oder Ronan Keating. Nur eines darf nicht fehlen ... Viel Kaffee!

Nickelback
Chad Kroeger
Richard Marx




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