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17.09.2010

Phil Collins - Volume Two

Von den Plakaten guckt er uns fröhlich an. Phil Collins ist ein bisschen grau geworden. Es steht ihm gut und erinnert ein bisschen an den grauen Bart von Eric Clapton. Phil lacht und erzählt, dass er neulich Jimmy Page getroffen hat und ihn mit den grauen Haaren fast nicht erkannt hat! "Was ist passiert?" hat Phil ihn gefragt und "Ich habe aufgehört die Haare zu färben" bekam er von Jimmy als Antwort zu hören.

Phil Collins ist 59 und ein Mann mit Prinzipien. So war er schon immer. Er hat es durchgekriegt, dass sein Album "Going back" 18 Songs beinhaltet. Es war ein Kampf, weil man ihm nur 11 Songs geraten hat - das sei so üblich. "Also, Ihr wollt mir sagen, dass niemand mein Album kauft, weil ich 18 Songs darauf habe?" Phil sagt im gleichen Atemzug, dass es in seinem Leben aber andere Prioritäten gibt.

Früher ging es nur um Musik und wenn ihn Eric Clapton gefragt hat ob er sein Album produziert oder Robert Plant die Idee hatte, dass Phil auf seinen Aufnahmen Schlagzeug spielt - konnte Phil nicht "Nein" sagen. Jetzt sieht alles anders aus: Phil würde es jederzeit vorziehen, Zeit mit seinen zwei kleinen Söhnen zu verbringen, als vor 20.000 Menschen aufzutreten. Das heißt aber nicht, dass er gar keine neue Songs schreiben und aufnehmen würde - der Unterschied ist nur, dass es ihm genügen würde, diese Songs nur seinen Freunden und seinen Kindern vorzuspielen. Das Foto auf dem "Going back"-Albumcover zeigt Phil als Kind, damals war er 12 oder 13 Jahre alt. Und schon in diesem Alter hat er viel Musik gehört. Mit 14, 15, 16 ging er in den Marquee Club, guckte sich die Bands an und kaufte anschließen ihre Platten.

Wer hätte damals gedacht, dass er 45 Jahre später ein Coverlabum mit den Songs von damals machen würde. Im Laufe der Jahre hat Phil oft Songs gecovert, auch bei Genesis-Konzerten. Tony Banks liebte es, wenn Phil "You've lost that lovin feeling" gesungen hat. Manche Genesis-Fans waren sauer, aber Phil und Tony hatten ihren Spaß.

Phil hat zu seinem neuen Album eine ganz besondere Beziehung: für ihn ist es fast wie ein Gemälde, das er jeden Tag betrachtet.

Ein spezieller Song auf dem Album ist der Dusty Springfields Song: "Going back". Am Anfang war es eben ein netter Song, aber dann haben ihn die Gefühle überrollt. Jedes Mal, wenn er den Song gesungen hat, kamen ihm die Tränen.

"I think I'm goin' back

To the things

I learned so well

In my youth

I think I'm returning to

Those days

When I was young enough

To know the truth"

Während er diesen Text gesungen hat, wurden ihm all seine Probleme bewusst: die Schmerzen in der linken Hand wurden schlimmer, sein angeschlagenes Gehör ist zwar unverändert, aber man weiß, es wird nicht besser, seine Mutter war schwer krank, und Phil bedauerte, dass er nicht verheiratet ist und nicht mit seinen jüngsten Söhnen lebt. Schwierige Zeiten.

Phil hofft, dass es mit seiner Hand irgendwann besser geht. Die zweite Operation war erfolgreich und die Hoffnung besteht. Dabei geht es ihm nicht darum wieder Schlagzeug zu spielen, sondern um den Wunsch das Spielzeug für seine Kinder zu reparieren. Ein anderes Thema beschäftigt ihn zunehmend Die Schlacht von Alamo. Er hat darüber schon ein Buch als Co-Autor geschrieben und geht nach San Antonio als Historiker. Er sammelt Relikte und ist emsig, wenn es um das Thema geht.

Zurück zum Album: 85 Prozent der Songs sind Motown Songs, der Rest kommt von Curtis Mayfield, Dusty Springfield oder den Impressions, die er immer mochte. Phil liebt gute Musik, Schubladen mag er nicht besonders. So wie Duke Ellington gesagt hat: "Es gibt nur gute oder schlechte Musik". Bei "Papa was a Rolling Stone" wollte er einfach er selbst sein, also überhaupt nicht versuchen die Temptations zu kopieren.

Eines ist Phil in unserem Interview noch sehr wichtig. Zu betonen, dass sein Sohn Simon, der öfter bei hr3 war, wieder ganz gesund ist. Simon hat alle seine Dämonen besiegt, er heiratet und arbeitet am neuen, seinem vierten Album.

Und Phil? Er guckt rüber zum See und sagt, dass es schön wäre, jetzt einen kleinen Spaziergang zu machen.

Phil Collins




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