Geschichten & Gespräche mit internationalen
Künstlern und Künstlerinnen
10.04.2010

Leona Lewis

Normalerweise veröffentlicht der Gewinner einer Castingshow direkt im Anschluss an das Finale ein Album, um die Gunst der Stunde auszunutzen.

Ganz anders lief es bei Leona Lewis, der Gewinnerin der Castingshow "The X Factor 2006".

Sie veröffentlichte zunächst die Single "A Moment Like This", ging damit auf Platz 1 der Britischen Charts und verschwand danach von der Bildfläche. Und das für ganze zehn Monate.

Im schnelllebigen Musikgeschäft sind zehn Monate eine sehr lange Zeit. Manche Karrieren dauern manchmal keine zehn Monate. Clive Davis muss sich seiner Sache sehr sicher gewesen sein, als er Leona für ganze zehn Monate vom Markt genommen hat.

Clive Davis ist 75 Jahre alt, er ist der Gründer von Arista Records und Entdecker von vielen großen Namen wie z.B. Janis Joplin, Carlos Santana, Billy Joel, Whitney Houston oder Alicia Keys.

Musik- und Filmproduzent Simon Cowell war Jurymitglied bei "The X Factor" und hat noch während des Castings Clive Davis angerufen: "Ich habe eine neue Whitney für dich", sagte er nur und meinte damit Leona Lewis. "Egal was passiert, egal ob sie gewinnt oder nicht, lass Leona unterschreiben. Ich will mit ihr arbeiten."

Als Clive Davis im Jahr 2001 in München war, um Alicia Keys vorzustellen, hat er einen Vortrag über das Musikgeschäft gehalten. Damals hat er erklärt warum es wichtig ist, seinen Künstler gut zu kennen. Alicia Keys hatte er kennengelernt, als sie 16 war, sie wollte aber nicht auf ihn hören und startete ihre Karriere allein. Es ging gründlich daneben. Kurze Zeit später kam sie voller Reue zu Clive Davis zurück, er sagte aber: "Du bist noch nicht so weit", und erst ein gutes Jahr später präsentierte er sie der Welt. Heute ist sie eine der erfolgreichsten Künstlerinnen überhaupt.

Nun hat er sich Leona Lewis "geschnappt". Zehn Monate hat er mit ihr an ihrem Album gearbeitet, sie dabei beobachtet und Ratschläge gegeben. Man lernt nicht von heute auf morgen wie man im Musikgeschäft besteht, wie man sich kleidet, wie man einen Fototermin erfolgreich absolviert, wie man sich unter 200 Journalisten benimmt, wie man Interviews gibt....

Leona Lewis wird im April 23 Jahre alt. Musik zu machen war immer ihr Traum und nun ist der Traum in Erfüllung gegangen.

Sie ist talentiert, sie schreibt zum Teil ihre Songs selbst, aber noch mehr begeistert ihre Stimme. Dazu ist sie noch sehr hübsch und sehr sympathisch.

"Bleeding Love", die erste Single aus dem Album "Spirit", wurde zur Single des Jahres 2007 in Großbritanien. Das Album selbst - das schnellstverkaufte Debutalbum in der britischen Musikgeschichte.

Kurz vor Weihnachten 2007 hat Leona Lewis zu einem Showcase in Stockholm eingeladen. In der Einladung stand "Dresscode: Smart Casual" - ein bisschen feiner war es auch: Im Spiegelsaal des Grand Hotels Stockholm waren Journalisten aus einigen europäischen Ländern versammelt. Sie kam auf die Bühne und sang vier Songs. Man hatte gleich den Eindruck: So etwas hört man nicht oft. Am nächsten Tag habe ich Leona zum Interview getroffen. In Stockholm war es richtig kalt. Leona hatte einen Mantel an, darunter ein sexy Kleid, in dem sie kurz vorher fotografiert wurde. Sie ist sehr freundlich und so wie sie die Fragen beantwortet, deutet es auf eine gute Vorbereitung hin. Dass Clive Davis an sie geglaubt hat, hat ihr große Selbstsicherheit gegeben, natürlich war es ein Risiko für zehn Monate zu verschwinden, aber sie hat diese Zeit gebraucht, um ein besonderes Album zu machen. Sie hat mit tollen Leuten zusammengearbeitet, Whitney Houston selbst hat ihr ihre Unterstützung angeboten. Inzwischen ist sie einige Male live aufgetreten. Am selben Abend und am selben Ort wie Celine Dion und Alicia Keys zu singen, hat sie sprachlos gemacht. Für das Album "Spirit" hat sie den Song "Whatever It Takes" geschrieben. In Zukunft will sie noch mehr schreiben. "Bleeding Love" ist einer dieser Songs, der Leonas Meinung nach all unsere Gefühle der Verliebtheit, in der man gleichzeitig glücklich und traurig ist, widerspiegelt, deshalb ist er so erfolgreich. "The First Time Ever I Saw Your Face" hat sie als kleines Mädchen entdeckt und ist einer ihrer Lieblingssongs.

Mariah Carey, Celine Dion, Whitney Houston und auch Leona Lewis neigen sehr dazu, akrobatisch zu singen. Dabei besteht manchmal die Gefahr, dass man am Inhalt vorbei singt (z.B. Beyoncé in "Listen" - schrecklich, wie sie völlig am Text vorbei singt). Worauf achtet Leona mehr? Auf den Inhalt, oder auf den Gesang? "Auf beides", sagt sie. Leona hat viel Unterricht genommen, sie hat Klassik gesungen und sie kennt das Problem.

Leona war an der "Brit School of Performing Arts", so wie Amy Winehouse, Kate Nash und Katie Melua auch. Mit Katie war sie sogar in der gleichen Klasse!

Wenn man Leona so sieht und hört, kann man sich gut vorstellen, dass sie den Song für den neuen James Bond Film singt. Darüber wird jedenfalls verhandelt.

Dass "Bleeding Love" im deutschen Radio rauf und runter gespielt wird, weiß sie und beim Abschied sagt sie, dass sie bald kommen wird. Sie war nur einmal ganz kurz in Deutschland, als sie noch ein kleines Mädchen war und davon geträumt hat, eine erfolgreiche Sängerin zu werden.

Katie Melua




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